Medienkompetenz als Thema der Erwachsenenbildung

Fake News haben, so scheint es mir, die Erwachsenenbildung aufgeschreckt. Mit Fake News meine ich hier nicht-faktenbasierte Meinungen und Propaganda sowie bewusste Manipulationen, die wir zunehmend in der politischen Landschaft erleben.  Der Ruf nach Medienkompetenzangeboten wird lauter. Im Rahmen des EPALE Fokus „media literacy in adult learning“ bin ich auf den gelungen Beitrag von Gerhard Bisovsky „Media Literacy – Literacy for the 21st Century“ gestoßen.

Aber was ist Medienkompetenz eigentlich?

In Deutschland wird meist der Medienkompetenzdefinition nach Dieter Baake gefolgt. Danach gliederte sich der Kompetenzbegriff in vier Dimensionen: Medienkritik, Medienkunde, Mediennutzung und Mediengestaltung*. Schematisch dargestellt sieht das beispielsweise so aus:

Mit Medienkompetenz ist also nicht (nur) gemeint, dass man Medien anwenden und Technik bedienen kann; nein. Elementare Bestandteile sind kritische Reflexion und Wissen um Mediensysteme (und das ist in digitalen Medienzeiten m.E. sehr entscheidend).

Gerhard Bisovsky geht auf Baakes Definition nicht ein und er bezieht sich in erster Linie auf Social Media, während Baake alle Arten und Formen von Medien in sein Konzept integriert hat. Bisovsky arbeitet jedoch sehr deutlich heraus, warum Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung notwendig ist:“ Information overload, cyber-bullying and harassment affect people of all ages.“

Der Sinn und Zweck von Medienkompetenz für Erwachsene ist nach Bisovsky, die Menschen zu befähigen Bedrohungen durch falsche Nachrichten, Cybermobbing, Radikalisierung und  Internetkriminalität  zu erkennen und dem nicht hilflos ausgeliefert zu sein. Sie sollten befähigt werden, diesen Problemen entgegenzutreten und sie zu überwinden.

Und letztlich ist er sehr nah an Baakes Kompetenzdefinition, wenn er schreibt:“ Media literacy has more to do with education than with the media. Teaching with media is not media literacy, it is teaching about media. Media production is not media literacy; although media literacy should include media production, media literacy is not bashing the media, it is also criticising the media. Media literacy means thinking critically.

Medienkompetenz in der Erwachsenenbildung: Was kann das sein?

Das kritische Denken fördern und so Erwachsene ermöglichen, sich aktiv in pluralistischen Demokratien einzubringen, ist ein altes Ziel der Erwachsenenbildung. Nur warum gibt es dann bislang so wenige Bildungsangebote zur Medienkompetenz?

Wir bieten viele Mediennutzung an, für verschiedenste Zielgruppen: Ob es das Blog zur Kundenkommunikation ist, Googlerecherche für Senioren, Programmierung, soziale Netzwerke beruflich nutzen oder Videoproduktion. Die Angebote verbleiben häufig im Bereich der Medienanwendung.

Ein Grund für die Unsichtbarkeit von Medienkompetenz als Kursthema ist wahrscheinlich,  – zumindest glaube ich das – dass niemand kommt, wenn wir es so benennen. Viele Menschen haben  nicht den Eindruck, dass ihnen bei der Mediennutzung die Fähigkeit zur kritischen Reflexion fehlt. Und: Medienkompetenz wird in der allgemeinen öffentlichen Debatte in aller Regel mit Kindern und Jugendlichen in Verbindung gebracht. Bietet man Seminare zum Thema Cybermobbing an, kommen Eltern, die ihren Kindern helfen wollen (und sollen); Erwachsene, die ebenfalls davon betroffen sind, mögen ihre negativen Erfahrungen vielleicht nicht in einem Seminar breittreten. Genauso wie Erwachsene oft nicht sehr gerne zugeben, dass sie auf Falschmeldungen reingefallen sind.

Was könnte man also tun, damit Erwachsene medienkompetenter werden?

Ich denke, wir brauchen keine großformatigen Kurse, modulare Angebote oder ähnliches. Wenn die Akteure der Erwachsenenbildung Medienkompetenz für Erwachsene als Teil ihres Auftrags verstehen, dann sollten sie von sich aus aktiv werden und den (zukünftigen) Teilnehmenden die Bedeutung des Themas kreativ und lustvoll unterbreiten. Die Menschen müssen den Bildungsträgern vertrauen und das Gefühl (ja doch: Gefühl) haben, dass ihre Unsicherheiten, negativen Erfahrungen und/oder Befürchtungen verstanden werden. Bildungsanbieter müssten das Vertrauen der Menschen gewinnen; und das ist etwas anderes als Bildung anzubieten.

Ich glaube, dass beispielsweise Cyberkriminalität ein guter Einstieg sein kann. Haben wir nicht irgendwie alle Angst davor gehackt zu werden? Eine Stunde Live Hacking und man spürt – auch wenn man nicht so ganz versteht was da passiert – wie unsicher unsere digitalen Geräte sind und man kommt schnell dahin, dass man sich (und sein Smartphone) besser vor Angriffen schützen möchte. So gelangt man zu Themen wie Datenschutz und Schutz der Persönlichkeit im digitalen Raum.
Bildungsträger, die in sozialen Netzwerken unterwegs sind, könnten von sich aus auf die Notwendigkeit zum Erkennen von Fake News hinarbeiten. Aber nicht, in dem ein Seminar dazu angeboten wird. Nein. Aber man könnte vielleicht auf Instagram oder Facebook eine Reihe  à la „Die tollsten Fälschungen im Netz“ initiieren. Oder gar eine Challenge daraus machen „Wer von euch faket am glaubwürdigsten?“. So setzen sich Menschen aktiv und mit Freude mit dem Thema auseinander.

* Weitere Infos zum Medienkompetenzbegriff nach Baake:

Baacke, Dieter (2001): Medienkompetenz als pädagogisches Konzept. In: Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) (Hrsg.): Medienkompetenz in Theorie und Praxis.

https://www.medienkompetenzportal-nrw.de/grundlagen/begriffsbestimmung.html , https://www.dieter-baacke-preis.de/dieter-baacke-preis/was-ist-medienkompetenz/

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